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Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote:
Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Behandlung von pechhaltigem Straßenaufbruch in Bayern (Drs. 17/2625)
Wie Sie wissen, ist zu diesem Antrag eine namentliche Abstimmung beantragt worden. Das ist bereits heute Vormittag bekannt gegeben worden. Ich eröffne nun die Aussprache. Bitte schön, Frau Kollegin Steinberger.
Rosi Steinberger (GRÜNE): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht haben Sie letzte Woche zufällig die Sendung "quer" gesehen. Darin wurde ein haarsträubender Fall geschildert. Auf dem Aussiedlerhof eines Bauern im Landkreis Passau wurden circa 10.000 Tonnen pechhaltigen Straßenaufbruchs unsachgemäß vergraben. Dieses Material ist giftig und gefährdet die Umwelt. So wie sich die Lage heute darstellt, war der Landwirt froh über kostenloses Auffüllmaterial. Der Bauunternehmer war froh, dass er das Material so schnell losgeworden ist, und das Landratsamt Passau war, vorsichtig gesagt, mit der Situation überfordert. Aufgedeckt haben den Skandal übrigens die Nachbarn. Wer genau am Ende zur Verantwortung gezogen werden kann, das werden die Gerichte entscheiden. Das soll hier nicht Gegenstand der Debatte sein. Fakt ist, dass durch diesen unsachgemäßen Einbau das Grundwasser massiv gefährdet ist. Die umliegenden Bauern und Nachbarn haben alle eigene Hausbrunnen. Sie brauchen viel Wasser für ihre Familien und auch für ihre Tiere, weil sehr viele Bauern in der Gegend wohnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Gemeinde Hutthurm sind Existenzen bedroht. Was soll der Nachbar anfangen, wenn sein Brunnen gesperrt wird? Womit soll er seine 75 Kühe tränken? Wer will auf diesem Grund noch Landwirtschaft betreiben? Auch das ist Heimat, wenn ich an die Diskussion von heute Vormittag anknüpfen darf.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Davon abgesehen, dass auch die Aufsichtsbehörde offensichtlich geschlafen hat, ist das Grundübel aber ein anderes. In Bayern darf teerhaltiger Straßenaufbruch auch an Private abgegeben werden. Das ist in anderen Bundesländern verboten. Und das ist auch gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn dieses Material ist giftig. Es enthält polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, und die sind krebserregend. Mit so einem Material darf man doch nicht leichtfertig umgehen. Entweder man deponiert es, oder man baut es wieder so ein, dass eine Gefährdung der Umwelt ausgeschlossen ist.
Nun werden Sie sicher einwenden, dass es ja Merkblätter gibt, die den Einbau dieses Materials regeln. Das ist richtig. Aber es kann nicht richtig sein, dass geschäftstüchtige Unternehmer mehr oder weniger unkontrolliert mit diesem gefährlichen Stoff hantieren, wie sie wollen. Offensichtlich haben manche von ihnen einfach das Merkblatt nicht gelesen. Wie könnte es denn sonst sein, dass Teer ohne Abdeckung gelagert und monatelang der Auswaschung preisgegeben wird und das von den Behörden geduldet wird? Es ist doch völlig absurd, dass dieser Sondermüll von Unternehmen entsorgt werden darf, die nicht einmal eine eigene Halle für die Zwischenlagerung haben.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, allein im Landkreis Passau gibt es bis zu zehn zusätzliche Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft nun ermittelt. In der Oberpfalz gibt es einen weiteren Fall, der sogar ein Wasserschutzgebiet betrifft. Wir haben die Befürchtung, dass das nur die Spitze eines Eisberges ist, den wir hier beobachten. Leider gibt es dazu kein Datenmaterial. Wir haben im Ministerium nachgefragt, aber private Lagerungen werden nicht erfasst. Es kann doch nicht sein, dass wir in Bayern wieder einmal einen Sonderweg gehen. Es kann doch nicht sein, dass wir unser Grundwasser wieder einmal fahrlässig gefährden. Ich sage nur Nitrat, Pflanzenschutzmittel, Antibiotika. Es kann doch nicht sein, dass Existenzen gefährdet sind und die Behörden achselzuckend wegschauen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Übrigens wissen wir noch nicht, wer in Hutthurm die Zeche bezahlt. Dringend ist es aber, dass das Landratsamt einschreitet und dieses Material vollständig entfernt. Vom Landwirt kann man jedenfalls nichts mehr holen. Der ist durch die ganze Sache pleite gegangen. Am Ende zahlt alles die Allgemeinheit.
Liebe Frau Umweltministerin Scharf, ich lade Sie ein: Begleiten Sie mich nach Hutthurm, machen Sie sich selbst ein Bild. Es wird aber nicht angenehm. Die Sache stinkt dort im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel. Aber bitte sorgen Sie dafür, dass dieser Missstand beseitigt wird.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Umweltsauereien, wie sie in der Gemeinde Hutthurm stattgefunden haben, dürfen künftig nicht mehr möglich sein. Deshalb brauchen wir eine saubere Regelung auch bei uns in Bayern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, stimmen Sie unserem Antrag zu. Lassen Sie nicht zu, dass weiterhin pechhaltige Straßenabfälle in private Hände gelangen. Die Verlockung, dieses Material in Baustellen zu verklappen, ist anscheinend genauso groß wie die Gewinne, die dadurch möglich sind. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie unserem Antrag zu. Stimmen Sie für den Schutz unseres Grundwassers! Unsere Umwelt und unsere Kinder würden es Ihnen danken, genauso wie ich. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Vielen Dank, Frau Steinberger.
…
Vierte Vizepräsidentin Ulrike Gote: Danke schön, Herr Kollege Hünnerkopf. Jetzt hat zu einer Zwischenbemerkung Frau Kollegin Steinberger das Wort.
Rosi Steinberger (GRÜNE): Herr Kollege Hünnerkopf, Sie reden hier von übermäßiger Bürokratie. Was glauben Sie denn, was für ein bürokratischer Aufwand jetzt entsteht, wenn man aufgrund der Initiative der Nachbarn feststellt, dass dieses Material unsachgemäß eingebaut worden ist? Seit vier Jahren ist das Landratsamt Passau mit diesem Fall beschäftigt. Inzwischen wird der ganze Fall aufgearbeitet.
Sie sagen, es gibt schwarze Schafe, und dagegen kann man nichts machen. Natürlich kann man dagegen etwas machen. Warum verbieten denn alle anderen Bundesländer die Weitergabe an die private Hand? Offensichtlich funktioniert die Kontrolle nicht. Deshalb wäre es dringend notwendig, dass wir in Bayern auch in diese Richtung tätig werden und die Weitergabe an Private verbieten. Auf Wirtschaftswegen ist es nach wie vor erlaubt, aber das Material wird unsachgemäß eingebaut. Dass hier mit Bürokratie argumentiert wird, verstehe ich überhaupt nicht. Die Bürokratie, die dann kommt, wenn wir die Schäden durch die öffentliche Hand reparieren lassen müssen, ist wesentlich größer, und der Schaden ist auch wesentlich größer, als wenn wir es von vornherein ausschließen würden.
(Beifall bei den GRÜNEN)
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