Mittelfranken: Von Hofgemeinschaft und Vollerwerb

Die erste Station unserer Bezirketour “Landwirtschaft und Umwelt im Dialog” in Mittelfranken war die Hofgemeinschaft Vorderhaslach in der Gemeinde Happurg. Der Hof ist in vielen Bereichen außergewöhnlich: BioRegio-Betrieb, Hofgemeinschaft, solidarische Landwirtschaft, eine Kommanditgesellschaft, außerdem Rinder, Schafe und eine pfluglose Bewirtschaftung. Wie das alles entstanden ist, hat uns Uwe Neukamm, Initiator und “Seele” der Hofgemeinschaft, erklärt.

Uwe Neukamm hatte 1989 gemeinsam mit zwei weiteren Familien den nahezu verfallene Hof gekauft und eine Hofgemeinschaft gegründet. Die Gebäude wurden nach und nach hergerichtet, die Hofgemeinschaft ist nach wie vor im Wachsen. Aktuell leben hier vier Familie, außerdem packen ein Gärtner und die Auszubildende mit an. 

Neben dem Gemüse- und Ackerbau betreibt die Hofgemeinschaft auch Mutterkuhhaltung, vorwiegend mit fränkischem Gelbvieh. Die Tiere stehen im Offenstall, Uwe Neukamm schiebt Grünfutter zum Fressgitter. Das Schnauben zeigt uns: es schmeckt. Etwa 30 stehen am Gitter. Die meisten Kühe sind, wie die Schafe, auf der Weide. “Ackerbau kombiniert mit Rinderhaltung ist genial”, meint Neukamm, “das Kleegras kann verwertet werden und Gülle macht den Boden fruchtbar.”

Etwa 100 Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche umfasst der Hof. Seit 2014 werden darauf unter anderem Gemüse und Kartoffeln in solidarischer Landwirtschaft angebaut. Die “Erntegemeinschaft Vorderhaslach” war die erste ihrer Art in Nordbayern. Eine solidarische Landwirtschaft lässt sich als Partnerschaft zwischen Landwirten und Verbraucher*innen verstehen. Die Verbraucher*innen tragen die Kosten des Betriebs und erhalten im Gegenzug einen Teil des Ernteertrags. Mitgeholfen werden muss selbstverständlich auch. Rund 80 Ernteanteile können in Vorderhaslach verkauft werden, und die Warteliste ist lang. Probleme, die Ernteanteile zu vergeben gibt es keine. Weil die Lagerkapazitäten aber gering sind, muss oft schnell und tatkräftig geerntet werden, denn manchmal gibt es regelrechte “Zucchinischwemmen”.
In den Gewächshäusern zeigt uns Neukamm die Jungpflanzenanzucht, die die Hofgemeinschaft auch selbst macht. Samenfeste Sorten sind hier ein Schwerpunkt. Das Gemüse wird nach Demeter-Richtlinien angebaut.

Uwe Neukamm engagiert sich außerdem im Verein “Die Biobauern”. Als Vorstand führt er Gespräche über von Bauer zu Bauer über die ökologische Landwirtschaft.
Ansonsten gibt es auf dem Hof noch Getreideanbau. Die Produkte aus der Hofgemeinschaft findet man unter anderem in den Filialen von ebl-naturkost.
Ganz schön vielfältig geht’s in der Hofgemeinschaft also zu. Das funktioniert deshalb so gut, weil alle leidenschaftlich bei der Sache sind. Gemeinsam schafft man einfach oft mehr als alleine!

Hofgemeinschaft in HappburgVollerwerb in Wörnitz

Auch unsere zweite Station in Mittelfanken hat einen außergewöhnlichen Schritt gewagt: Vom Nebenerwerb zum Vollerwerb. Das kommt praktisch nie vor. Aber die Familie Payer in Wörnitz im Landkreis Ansbach hat den Schritt gewagt.

Einfach war es nicht: die Ackerböden sind nicht optimal, der Flächendruck ist wegen der vielen Gewerbegebiete in der Region hoch. Jahrelang hatte Payer vor allem Substrate für Biogas gemäht. “Das kann es doch nicht gewesen sein”, dachte er und entschied sich, einen komplett neuen Weg einzuschlagen – und baute zunächst einen Geflügelstall. Die aktuell 1.800 Bio-Hänchen leben in zwei komplett voneinander getrennten Ställen, ihnen steht ein Auslauf von insgesamt vier Hektar zur Verfügung. Er finde es einfach unbeschreiblich schön, die Tiere frei rumlaufen zu sehen, erzählte Payer, während seine 42 Tage alten Hühner neben uns wild hin- und herrennen. Demnächst wird hier auch eine Kurzumtriebsplantage angesät, damit die Tiere auch draußen gut Unterschlupf finden.

Verkauft wird im Rahmen eines Hofverkaufs fünfmal im Jahr sowie im Bioladen in Feuchtwangen zu einem Preis von elf Euro pro Kilogramm – die hohe Qualität rechtfertigt für die Kunden den Preis. Biohühnerfleisch ist außerdem gesucht, die Payers sind die einzigen Produzenten weit und breit.

Von der Begeisterung des Vaters hat sich auch der 22-jährige Sohn Moritz anstecken lassen. Er hat an der Ökolanbauschule in Landshut seinen Meister gemacht und soll den Hof in Zukunft übernehmen. Aktuell ist er am Hof angestellt und probiert neue Sachen aus, wie ein Sojaprojekt, das Teil seiner Meisterarbeit war und auf dem Hof realisiert wurde. Um auf den Sojaanbau aufmerksam zu machen, stehen kleine Info-Schilder auf ihren Feldern. Immer wieder sind Vorbeikommende davon begeistert und wissbegierig. Das Soja wird als Mastfutter wieder in den Kreislauf gebracht und steht somit als regionales Futtermittel zur Verfügung. Außerdem bauen die Payers Kleegras, Hafer, Dinkel und Weizen an, 50 Hektar arrondierte Fläche steht zur Verfügung. Doch die Vermarktungssituation gerade für Getreide in Mittelfranken ist nicht sehr gut. Ich habe deshalb vorgeschlagen, eine eigenen Vermarktungsgesellschaft mit anderen Biobauern aus der Region zu gründen – dafür gibt es auch Zuschüsse.



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