Untersuchungsausschuss "Ei"

Rosi Steinberger, verbraucherschutzpolitische Sprecherin, vertritt die grüne Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss "Ei". Ihrer Ansicht nach hätte der Skandal, der mindestens ein Todesopfer forderte, vermieden werden können, wenn die Staatsregierung von Anfang an korrekt kontrolliert und gehandelt hätte.

„Der Salmonellenskandal bei Bayern-Ei offenbart das Versagen des bayerischen Kontrollsystems inklusive der zuständigen Minister, die viel zu wenig zum Schutz der bayerischen Verbraucherinnen und Verbraucher getan haben. Es hat den Anschein, als würde hier ein großes Unternehmen geschont – und das zulasten der Menschen. Es ist unverständlich, warum die Firma Bayern-Ei nicht wesentlich schneller als Ursache des Salmonellenausbruchs identifiziert wurde.“

Der Untersuchungsausschuss müsse zudem eine nachhaltige Wirkung entfalten, so Rosi Steinberger weiter. „Wir müssen nach strukturellen Fehlern im Kontrollsystem suchen. Kann es sein, dass man in Bayern Hinweise aus anderen Ländern ignoriert hat? Weshalb hat man aus früheren Lebensmittelskandalen offensichtlich nichts gelernt? Ein Skandal von dieser Dimension darf bei uns nie mehr passieren!“ Das Gremium hat noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2017 seine Arbeit aufgenommen.

Rede im Plenum zu Schlussbericht des Untersuchungsausschusses Ei

Präsidentin Barbara Stamm: Danke schön. – Jetzt darf ich Frau Kollegin Steinberger das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Rosi Steinberger (GRÜNE): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich schwer-punktmäßig nicht damit beschäftigen, wer wann was gesagt oder wer wann welche Pressemitteilung herausgegeben hat. Ich möchte mich schwerpunktmäßig mit dem Untersuchungsgeschehen beschäftigen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit 2015 beschäftigen wir uns mit dem Bayern-Ei-Skandal. Wiederholt haben wir als Opposition eine umfassende und lückenlose Aufklärung gefordert. Umfassend informiert wurden wir lange nicht. Ständig wurde abgewiegelt. Am Ende war die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendig; denn sonst wäre dieser Skandal nie so gründlich aufgeklärt worden, wie wir uns das vorgestellt haben. Deshalb sagen wir: Ja, dieser Untersuchungsausschuss war absolut notwendig. Erst jetzt ist es uns möglich, die Vorgänge dieses europaweiten Salmonellenausbruchs in ihrer Gänze zu bewerten.

Diese Bewertung, mit Verlaub, fällt vernichtend aus. Die Behörden vor Ort waren nicht in der Lage, diese Betriebe umfassend zu kontrollieren. Über Jahre blieben Missstände bestehen, obwohl sie auch im Ministerium bekannt waren. Proben wurden zu selten gezogen, und diese Proben blieben viel zu lange liegen. Auch positive Ergebnisse wurden nicht zeitnah weitergegeben. Auf die internationale Dimension wurde nicht konsequent reagiert. Im Gegenteil wurde zu-gunsten des Unternehmers eine Gefährdung der Bevölkerung in Kauf genommen. Auch die bayerische Bevölkerung war gefährdet. Diese Einsicht fehlt Ihnen bis heute.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Zum Schluss fehlt bis heute die politische Verantwortung für diesen Skandal. Beide betroffenen Minister ducken sich bis heute weg und tun so, als wäre alles in Ordnung gewesen. Auch Sie, Frau Wittmann, sagen das so. Aber eines ist nach dieser Aufarbeitung klar: Eine Reorganisation der Lebensmittelkontrolle in Bayern war und ist absolut notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Nun gibt es diese neue Kontrollbehörde, und Sie sagen, dass damit alles gut wird. Aber da sind erhebliche Zweifel angebracht. Die Überlastung der Landratsämter ist bei der Befragung aller drei Landräte überdeutlich geworden. Die neue Kontrollbehörde nimmt einen kleinen Teil der überregional bedeutsamen Betriebe in ihr Programm auf, aber nur einen sehr kleinen Teil. Dass das zu einer spürbaren Entlastung der Veterinärämter führen wird, ist doch sehr unwahrscheinlich. Landrat Bernreiter aus Deggendorf ist heute schon zitiert worden. Er hat bei seiner Befragung seine Einschätzung darüber abgegeben und gesagt, es wird für seine Behörde wohl nicht spürbar besser werden.

Das Beispiel Bayern-Ei hat zumindest eines gezeigt: Die Veterinärbehörden waren mit einem Betrieb dieser Größenordnung einfach überfordert. Eine umfassende tierschutzrechtliche Kontrolle der Bestände war schon aus Zeitgründen nicht möglich. Dort, wo man auf Mängel gestoßen ist, wurden sie entweder gar nicht, nur unzureichend oder erst sehr spät behoben. Am Beispiel Tierschutz lässt sich gut erklären, vor welchen Schwierigkeiten die amtlichen Kontrolleure standen. Über Jahre hinweg wurden bei behördlichen Kontrollen immer wieder die gleichen gravierenden Mängel gefunden. Alttote Tiere – das sind Tiere, die schon eine geraume Zeit tot sind, zum Teil bereits verwest – wurden regelmäßig vorgefunden. Es gab immer wieder einen massiven Befall mit der Roten Vogelmilbe, die die Tiere schwächt und leiden lässt. Käfige waren überbesetzt, teilweise waren doppelt so viele Tiere in einem Käfig wie erlaubt. All das waren Anzeichen dafür, dass der Besitzer das Tierschutzgesetz missachtet, welches eine tägliche Inaugenscheinnahme der Tiere vorschreibt. Wer zulässt, dass diese Tiere leiden, macht sich strafbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Veterinärämter mussten das wissen; aber sie haben diese Missstände nie beseitigt. Das Sachgebiet Tierschutz des LGL wurde zwar mehrmals zu Kontrollen hinzugezogen, aber dieses Sachgebiet hatte keine Vollzugskompetenz. Was bedeutet das? – Es wurden vonseiten des LGL umfangreiche Gutachten geschrieben. Diese wurden regelmäßig dem Ministerium übermittelt. Das Ministerium wusste also Bescheid. Aber was aus diesen Gutachten geworden ist, haben die Mitarbeiter des LGL nie erfahren; denn der Vollzug lag bei den Kreisverwaltungsbehörden. Und ob diese Anordnungen geschrieben haben oder Bußgeldbescheide oder was auch immer, das entzog sich der Kenntnis der übergeordneten Behörden. Das LGL wird gerufen, das LGL findet Missstände, schreibt Gutachten und hört nie wieder etwas davon. Nachgefragt haben sie offensichtlich auch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN – Florian von Brunn (SPD):

Genau!) So, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann eine effektive Kontrolle nicht aussehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie war auch nicht effektiv; denn obwohl es über Jahre immer wieder zu festgestellten Mängeln gekommen war, gab es keine Verbesserung. Erst im Mai 2015 – das war in der Zeit, als der Skandal schon öffentlich geworden war – kam es zu einer umfassenden Kontrolle durch das LGL. Damals wurden erst-mals alle Betriebe von Bayern-Ei gründlich unter die Lupe genommen. Damals wurde ein deutlicher Überbesatz in den Betrieben von Bayern-Ei festgestellt. Das hätte man aber eigentlich schon früher feststellen oder bemerken können. Zum einen hätte man natürlich die Käfige kontrollieren können, die sich im schlechter zugänglichen Bereich der Ställe befanden, nicht immer bloß die ersten gleich nach der Tür. Zum anderen war aber auch die LfL immer wieder vor Ort; denn die LfL ist für die Einhaltung der Marktordnung zuständig. Aber diesen Leuten ist leider auch nicht aufgefallen, dass der Betrieb mehr Eier ausgeliefert hat, als rein rechnerisch möglich gewesen wäre. Also müssen zu viele Hühner in den Käfigen gewesen sein. Auch wurden mehr Tiere geschlachtet, als in den Ställen hätten sein dürfen.

Insgesamt mussten wir feststellen, dass die Zusammenarbeit der Behörden, also zum Beispiel zwischen der LfL und den Aufsichtsbehörden für die Lebensmittelsicherheit, überhaupt nicht funktioniert hat. Das hat ein Mitarbeiter der LfL auch schon so gesehen und in einer Mitteilung eine Verbesserung der Situation angemahnt. Aber wir wissen nicht, wo diese Mitteilung gelandet ist; denn beim damaligen Minister Brunner ist sie offensichtlich nicht gelandet. Er war ja auch bei uns im Untersuchungsausschuss. Wir mussten ihn bei seiner Befragung erst über die Aufgaben der LfL im Zusammenhang mit der Legehennenfabrik aufklären. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird die Zusammenarbeit sicher nicht besser.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Im Untersuchungsausschuss wurden sehr viele Krokodilstränen geweint. Niemand wolle diese Form der Hennenhaltung. Es sei mit dem Tierschutz überhaupt nicht vereinbar, wie schrecklich diese Hennen in der Legebatterie gehalten wurden usw. Aber leider könne man da rein rechtlich nichts machen. In diesem Sinne hat auch Landrat Trapp aus Dingolfing ausgesagt, und wer wolle ihm da widersprechen?

Angesichts dessen verstehe ich es schon überhaupt nicht, dass das Landratsamt Dingolfing-Landau im Jahr 2007 eine Erhöhung der Zahl der Legehennen von 192.000 auf 282.000 erlaubt hat. Ein Jahr später waren es schon 390.000 Tiere. Wiederum ein Jahr später kamen – mit behördlicher Erlaubnis! – schon knapp 500.000 Legehennen zusammen. So groß kann die Empörung dann doch nicht gewesen sein.

Bei der Genehmigung der Stallerweiterung hat man es leider versäumt anzuordnen, dass eine Nassreinigung der Ställe möglich sein muss. Es gab eine Altgenehmigung; aber bei der Neugenehmigung hätte man das machen können. So gibt es am Standort Ettling im Landkreis Dingolfing-Landau bis heute keinen Abfluss, wo man Waschwasser auffangen kann.

Im Mai 2015 gab es die umfassende Kontrolle. Dann wurde angeordnet, dass – vermutlich erstmals – diese Ställe auch nass gereinigt werden. Dadurch kam der Betreiber in große Schwierigkeiten; denn er wollte dieses Wasser auf den umliegenden Feldern verteilen. Das hat man ihm verboten. Es hat dann ziemlich lange gedauert, bis sich eine Kläranlage gefunden hat, die bereit war, das Abwasser aufzunehmen. Diese Zustände gab es schon seit Jahrzehnten.

Das bedeutet auch, dass eine Reinigung der Ställe nie gründlich erfolgt ist, sondern nur in Form der Vernebelung von Desinfektionsmitteln vonstattenging. Das haben die Kontrollbehörden zwar gewusst; aber es hat sie nicht gestört. Auch nachdem es positive Befunde von Salmonellen in Ettling gegeben hatte, kam niemand auf die Idee, eine Nassreinigung der Ställe anzuordnen.

Es kam wohl auch niemand auf die Idee, die Desinfektionsmittel zu überprüfen. Bei der Großkontrolle im Mai 2015 war zufällig ein Spezialist vor Ort, der sich diese Reinigungsmittel genauer angesehen hat. Dabei hat sich herausgestellt, dass diese Mittel zum Versprühen gar nicht geeignet waren. Außerdem war das Bedienpersonal nicht geschult, wie das Mittel zu verdünnen und anzuwenden war. Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts dessen braucht man sich nicht zu wundern, dass es zu diesem Skandal gekommen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Wie haben die Behörden reagiert, als die Salmonellen gefunden wurden? Zu dem Standort Ettling gibt es eine Vorgeschichte, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Schon im Februar 2014 fand das LGL bei einer Routinekontrolle Salmonellen auf der Eischale. Damit war diese betroffene Charge – bei einem Betrieb dieser Größenordnung waren das etwa 500.000 Eier – ein unsicheres Lebensmittel. Dass man von einem "unsicheren Lebensmittel" spricht, wenn Salmonellen auf der Eischale gefunden werden, ist nicht nur in Bayern, sondern auch in vielen anderen Bundesländern so. In den meisten Bundesländern wird es so gehandhabt. Ein unsicheres Lebensmittel soll den Endverbraucher nicht erreichen.

Das war aber eine Routinekontrolle. Damit war sie nicht als dringlich gekennzeichnet und auch nicht wirklich im Fokus der Labormitarbeiter am LGL, die sowieso überlastet waren. Kurz, die Probe war zwar analysiert, der positive Befund war da. Das Landratsamt bekam aber erst dann etwas davon mit, als sage und schreibe sechs Wochen vergangen waren; es war schließlich eine Routinekontrolle. Zu diesem Zeitpunkt war das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits abgelaufen; das ist nach vier Wochen der Fall. Somit waren die Eier vermutlich verzehrt. Damit gab es auch keinen Handlungsbedarf. Für den Betreiber ist das natürlich eine feine Sache. Aber das nur nebenbei.

Das Landratsamt hat nach diesem Befund dann doch gleich reagiert, ist zum Betrieb gefahren und hat festgestellt, dass die Packstelle sehr schmutzig war – so schmutzig, dass man gleich wieder eine Probe genommen und an das LGL geschickt hat, allerdings mit dem Hinweis, dass das sicherlich Salmonellen auf den Eiern seien, so, wie es dort ausgesehen habe. Nun möchte man meinen, dass bei den Zuständen, die dort geherrscht haben, alle Alarmglocken geschrillt hätten. Weit gefehlt! Es wurde eine umfassende Reinigung der Packstelle angeordnet und dem LGL mitgeteilt, dass das Ergebnis nicht so interessant sei, weil die Packstelle nunmehr sowieso gereinigt werde. So war es auch. Das LGL hat die Probe wieder mit niedriger Dringlichkeit behandelt. Das Ergebnis war – wie zu erwarten – positiv, und die Übermittlung des Befundes dauerte dieses Mal geschlagene sieben Wochen.

Noch einmal zum Mitschreiben: Erst findet man Salmonellen, sagt das aber niemandem. Dann findet man wieder Salmonellen, lässt aber die Tagescharge mit den Salmonelleneiern ungerührt ausliefern; denn in den nächsten Tagen werde sowieso geputzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vom nachträglichen Putzen sind ausgelieferte Eier noch nie sauber geworden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER))

Das sollte sich auch bei bayerischen Behörden herumsprechen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es einfach an Problembewusstsein gemangelt hat. Wie viele Salmonellenfälle es im Jahr 2014 gegeben hat, die auf die Eier von Bayern-Ei zurückzuführen sind, weiß bis heute niemand genau. Schließlich braucht man auch sehr viel Glück, um einen Salmonellenfall auf eine bestimmte Ursache zurückführen zu können. So, wie es in Bayern gehandhabt wurde – man verteilte Fragebögen mit der Frage: "Was haben Sie in den letzten vier Wochen gegessen?" –, war es nicht unbedingt zielführend.

Das Ministerium sagt bis heute, man wisse nicht, ob die Salmonellenfälle in Bayern 2014 auf die gleiche Ursache zurückzuführen seien wie überall sonst. Ich frage mich schon: Welche Beweise müssen denn noch vorliegen? Müssen die Salmonellen erst einen Bayern-Ei-Stempel tragen? Hier verschließt das Ministerium bis heute beide Augen. Klar ist, dass die bloße Verschickung von Fragebögen damals nicht ausgereicht hat, um auf diese Ursache zu kommen.

Im Juli 2014 erkrankten in Frankreich zahlreiche Menschen an Salmonellen, und die Ursache war sehr schnell gefunden: Eier der Firma Bayern-Ei; die Schachteln standen nämlich noch herum. Nun war der Fall international und damit bei den übergeordneten Behörden angelangt. Man sollte meinen, damit wäre neuer Schwung in die Sache gekommen. Weit gefehlt!

Leider war auch die Jahreszeit sehr ungünstig. Anfang August waren die bayerischen Behörden, so erschien es jedenfalls im Untersuchungsausschuss, in der Sommerpause. Die Mitarbeiter waren entweder vor dem, im oder frisch nach dem Urlaub. Sie waren entweder noch nicht oder nicht mehr für ein Sachgebiet zuständig. Oder es haperte an der behördeninternen Abstimmung. Die Folge war, dass niemand sich so richtig zuständig gefühlt hat.

Ein Schlüsseldatum war sicherlich der 12. August 2014. Die Beweise aus dem Ausland waren er-drückend und Bayern-Ei als Verursacher des Salmonellenausbruchs eindeutig identifiziert. Von beiden Standorten, Ettling und Niederharthausen, lagen positive Proben vor. Es trafen sich also – das Datum ist heute schon erwähnt worden – bei der Regierung von Niederbayern Vertreter der Kreisverwaltungsbehörden, der Regierung und des LGL, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Das Ergebnis teilte man dem Unternehmer mit, der es offenbar widerstandslos akzeptierte. Das allein macht schon stutzig; denn bis dahin hatte sich Herr Pohlmann allen Anordnungen, die seinen Gewinn hätten schmälern können, heftig widersetzt. Der Vorwurf der Kungelei stand ja heute schon im Raum.

Was hat man damals angeordnet? Eine Rücknahme der beprobten Tageschargen und eine umfassende Reinigung und Desinfektion. Ob diese Reinigung erfolgreich war? Davon überzeugte man sich nur optisch. Das ist schwierig; denn Salmonellen sieht man nicht mit bloßem Auge. Auch das sollte sich schon herumgesprochen haben. Das LGL wusste das – und ist nicht eingeschritten. Bei der Vorgeschichte in Ettling – Sie wissen, wir hatten seit Februar positive Proben – war dieses Vorgehen einfach nur fahrlässig.

Man erlaubte es dem Unternehmer sogar, aus Teilen des Betriebes wieder Konsumeier auszuliefern. Kein Wunder, dass er sich darüber nicht aufgeregt hat; denn damit ging das Geschäft weiter. Zu einer Auslieferung kam es aber nur sporadisch – anders als am Standort Niederharthausen. Niederharthausen liegt im Landkreis Straubing. Dort überprüfte man den Erfolg der Reinigung durchaus, allerdings erst am 26. August, 13 Tage nach der Maßnahme! 13 Tage lang konnte der Unternehmer salmonellenbehaftete Eier ausliefern. Denn das Ergebnis lag am 1. September vor – und war wieder positiv.

Erst dann wurde die Auslieferung von Konsumeiern endlich untersagt. Angesichts dessen, liebe Frau Kollegin Wittmann, kann man beileibe nicht von "hoher Kontrolldichte" sprechen. In der Zwischenzeit häuften sich die Meldungen aus verschiedenen Ländern Europas. Weder das LGL noch das Ministerium schritten gegen das unsägliche Zaudern ein. Der Unternehmer konnte Millionen sal-monellenverseuchte Eier in Europa ausliefern, ohne dass ihm ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist. Eine Anfrage aus Österreich brachte es auf den Punkt: Wie könne es sein, so die österreichischen Kollegen, dass es immer noch Frischeier von diesem Betrieb gebe, obwohl dieser doch positiv getestet worden sei? – Das fragen wir uns auch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Interessen des Unternehmers wurden offensichtlich höher gewichtet als die Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern. Das ist der Skandal, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Schluss möchte ich noch auf die Rolle des Ministers und der Ministerin zu sprechen kommen. Das Ereignis fand 2014 statt, als Herr Huber zuständiger Minister war. Er ist von seinem Ministerium ein paar Mal schriftlich mit Vermerken informiert worden. Auf der ersten Seite stand immer die Kurzfassung mit der Botschaft: Alles gut! Wir haben alles im Griff. Keine Panik! Wenn er weitergelesen hätte, hätte ihm schon auffallen müssen, dass es in diesen Vermerken Widersprüche gab. Er hätte auch lesen können, dass es in Bayern Salmonellenfälle gegeben hat. Er hätte sich, weil er vom Fach ist, auch intensiver mit der Materie befassen können. Schließlich war das eine Angelegenheit von internationaler Dimension. Minister Huber hat im Ausschuss aber ausgesagt, dass er keinen Anlass hatte, an den Aussagen seiner Leute zu zweifeln, und diesen Anlass hat er bis heute nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach diesen umfang-reichen Recherchen und nachdem alle Einzelheiten bekannt geworden sind, verstehe ich persönlich diese flapsige Einstellung nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass der Minister die politische Verantwortung für diesen Fall übernehmen wird, darauf können wir noch lange warten. Ministerin Scharf hat versucht, diesen Skandal auszusitzen. Dabei war sie natürlich auch auf die Informationen aus dem Ministerium und dem LGL angewiesen. Die waren nicht immer richtig. Nach den ersten Falschinformationen hätte sie die Reißleine ziehen müssen. Jetzt kommt der Herr Zapf ins Spiel. Das hat sie nicht getan.

Immerhin können wir doch feststellen, dass einiges mittlerweile verbessert worden ist. Das wäre nicht der Fall, wenn die Opposition nicht so hartnäckig gewesen wäre. Auf eine umfassende Reform der Lebensmittelkontrolle müssen wir aber wohl noch weiter warten. Es bleibt weiter spannend.

Zum Schluss danke ich allen Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit. Ich danke vor allem den Damen und Herren des Landtagsamts und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen und der Ministerien, die mit uns viele Stunden verbracht haben. Ich glaube, es war trotz mancher inhaltlicher Differenz eine gute Zusammenarbeit. Vielen Dank dafür.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Zu einer Zwischenbemerkung: Herr Kollege von Brunn.

Florian von Brunn (SPD): Sehr geehrte Frau Kollegin, nur eine Frage, die Sie vielleicht beantworten können, weil es um eine Parteifreundin von Ihnen geht. Wir haben schon öfter gehört, dass Bayern quasi ein Alleinstellungsmerkmal hätte, weil hier nicht nur nach Salmonellen im Ei, sondern auch nach Salmonellen auf der Eischale gesucht werde. Das würde in anderen Bundesländern nicht passieren. So habe ich auch die Vorsitzende des Untersuchungsaus-schusses verstanden. Tatsächlich wird zum Beispiel auch in Niedersachsen nach Salmonellen auf Eischalen gesucht. Ich will Sie jetzt fragen, ob Sie uns zu Hessen noch etwas sagen können. Wir haben selbst auch nachgefragt.

Meine Kollegin Angelika Löber, die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD in Hessen, hat schon im Juli 2015 die dortige Verbraucherschutzministerin Priska Hinz von den GRÜNEN befragt, und die hat geantwortet: In Hessen untersucht das Hessische Landeslabor alle Proben, die von den zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden eingereicht werden. Wird dabei eine Kontamination mit Species Salmonella auf der Eischale festgestellt, erhalten die Kommunalbehörden umgehend eine Mitteilung; denn Eier, deren Schalen mit Salmonellen kontaminiert sind, gelten nicht als sichere Lebensmittel. Sie gelten, verkürzt, als gesundheitsschädlich. Können Sie bestätigen, dass es auch in anderen Ländern so gehandhabt wird, in denen die GRÜNEN den Verbraucherschutzminister stellen?

Rosi Steinberger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr von Brunn, das kann ich natürlich sehr gern bestätigen. Ich wollte noch einmal das richtigstellen, was Sie, Frau Wittmann, vorher gesagt haben. Sie haben gesagt, Bayern sei das einzige Land, das Eier mit Salmonellen auf der Eischale als nicht sicher feststellt. Ich weiß, dass Bayern versucht, alle Bundesländer dazu zu überreden, das alles genauso zu sehen. In grün oder rot-grün regierten Ländern oder in Ländern, in denen die GRÜNEN den Verbraucherschutzminister stellen, handhaben wir es meines Wissens überall so. Es ist auch gut, dass Bayern es so handhabt. Dann müssen aber auch die richtigen Konsequenzen daraus gezogen werden. Wenn unsichere Lebensmittel im Handel sind, müssen sie aus dem Verkehr gezogen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsidentin Barbara Stamm: Vielen Dank, Frau Kollegin. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und damit ist auch der Tagesordnungspunkt 12 erledigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)



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