Rede im Plenum zur Einführung des Verbandklagerechts für Tierschutzverbände

Rosi Steinberger (GRÜNE): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Horst Arnold hat es schon erwähnt: In Bayern ist der Tierschutz seit dem Jahr 1998 in der Verfassung verankert. Dort steht der Satz: "Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt". Dieser Satz sollte uns Auftrag und Verpflichtung sein.

Dieser Satz hat aber wenig Bedeutung, wenn wir ihn nur als leere Floskel in der Verfassung stehen haben, lieber Kollege Zellmeier.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tiere brauchen eine starke Lobby, die ihre Interessen im Zweifelsfall auch einklagen kann. Dieses Recht, im Namen der Tiere vor Gericht aufzutreten, besteht in Bayern bisher nicht. Ein Beispiel möge das verdeutlichen: Erlässt eine Behörde gegen einen Tierhalter eine Anordnung nach dem Tierschutzgesetz, kann dieser durch alle Instanzen dagegen klagen – auch eine Klage auf Entschädigung ist möglich. Eine vergleichbare Klagemöglichkeit im Namen der Tiere, dass eine Behörde eine Anordnung erlässt, gibt es dagegen bisher nicht.

Auch wünschen wir uns ein Anhörungsrecht von Tierschutzverbänden bei der Genehmigung von Bauvorhaben. Nach einer erfolgten Genehmigung kann niemand mehr gerichtlich überprüfen lassen, ob die Haltung der Tiere tatsächlich artgerecht erfolgt ist.

Oder nehmen wir die steigende Anzahl der Versuchstiere. Auch das ist schon angesprochen worden. Die Genehmigung von Tierversuchen erfolgt derzeit leider fast automatisch und ist anschließend nicht mehr überprüfbar. Hier besteht faktisch kein wirksames Mitspracherecht der Tierschutzverbände.

Wir begrüßen deshalb den Vorstoß der SPD-Fraktion zur Einführung eines Verbandsklagerechts für Tierschutzverbände außerordentlich. Er entspricht ziemlich genau unserem eigenen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2012.

Nun haben Sie von der CSU-Fraktion eingeworfen, dass die Opposition immer die gleichen Anträge stellen würde.

(Zuruf von der CSU: Richtig! Alle Jahre wieder!)

Kollege Zellmeier hat es als "kalten Kaffee" bezeichnet. Natürlich stellen wir die gleichen Anträge. Sie brauchen nur einmal zuzustimmen, dann erledigt sich dieses Phänomen von selbst.

(Beifall bei den GRÜNEN – Peter Winter (CSU): Wenn ihr etwas zum
Zustimmen habt, dann machen wir das auch!)

Es ist nicht so, dass dieser Gesetzentwurf besonders exotisch wäre. Es ist bereits angesprochen worden: In sechs anderen Bundesländern gibt es das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände inzwischen, und zwar nicht nur in Bremen, Kollege Zellmeier, sondern zum Beispiel auch in Niedersachen und in Nordrhein-Westfalen.

(Josef Zellmeier (CSU): Das sind keine Vorbilder für Bayern!)

Einige andere Bundesländer haben dieses Recht auch in der Anhörung. Wollen wir in Bayern wirklich darauf warten, bis wir das letzte Bundesland sind, das dieses Verbandsklagerecht einführt? Wieder einmal scheint Bayern einen eigenen Weg zu gehen. Leider steht Bayern damit wieder einmal nicht an der Spitze des Fortschritts, sondern dackelt hinterher. Außerdem, Kollege Zellmeier: Auf die Beschlüsse von vor zehn Jahren hinzuweisen, ist wirklich "kalter Kaffee".

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Gesetzentwurf ist absolut sinnvoll. Nie brauchten Tiere unseren Schutz und unsere Fürsprache mehr als jetzt. Wir brauchen keine Lippenbekenntnisse mehr, wie wichtig uns allen das Tierwohl ist. Tierschutz bewegt Millionen von Menschen in diesem Land, das sollte auch in der CSU-Fraktion schon angekommen sein.

Viele Menschen engagieren sich in Vereinen und Verbänden. Wir wollen diesen Menschen Mitwirkungsmöglichkeiten in den Verfahren geben und ihnen auch das Recht zur Klage vor den Verwaltungsgerichten einräumen. Auch der Natur gestehen wir dieses Schutzrecht zu. Den Tieren aber, die wie wir Schmerz und Leid empfinden, wollen wir dieses Recht nicht zugestehen. Das kann doch nicht sein.

Wir haben inzwischen ausreichend Erfahrungen im Umgang mit dem Verbandsklagerecht der Naturschutzverbände. Aus dieser Erfahrung können wir lernen. Dieses Beispiel zeigt uns auch, dass es keine Klagewelle gegeben hat, wie damals befürchtet wurde. Im Gegenteil, dieses Instrument wird nur dort angewandt, wo es Aussicht auf Erfolg und eindeutige Fehlurteile von Behörden gibt.

Unser Ziel ist es, Verwaltungshandeln im Tierschutz transparent zu machen und es anerkannten Tierschutzorganisationen zu ermöglichen, sich als Anwälte der Tiere einzubringen; denn wo Behörden Fehler machen, wo die Rechte der Tiere missachtet werden, da muss auch jemand die Rechte der Tiere einklagen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)Wir werden diesen Gesetzentwurf deshalb unterstützen und freuen uns schon auf die lebhafte Diskussion im Ausschuss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erster Vizepräsident Reinhold Bocklet: Danke schön, Frau Kollegin. Bleiben Sie bitte noch am Rednerpult stehen. Kollege Aiwanger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Liebe Kollegin Steinberger, Sie haben gesagt, dass es wünschenswert wäre, wenn Tierschutzverbände beim Bau von Ställen Mitspracherecht bekämen. Damit unterstellen Sie unterschwellig, dass vor allem die Bauern im Visier Ihrer Kritik stehen sollen, wenn Ställe für Nutztiere gebaut werden. Was würden Sie sagen, wenn wir Hausbesuche bei all den anderen Tierhaltern, vom Goldhamsterbesitzer bis zum Hunde- und Katzenhalter, machen und schauen, ob sie ihre Tiere, die häufig in sehr engen Wohnungen gehalten werden, ordnungsgemäß halten? Sonst stehen immer die Bauern am Pranger und es wird gesagt: Er hält seine Kühe, Schweine nicht richtig etc. Und was an anderer Stelle passiert, darüber redet man nicht, weil es teilweise Wähler sind, die man nicht vergraulen will.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Erster Vizepräsident Reinhold Bocklet: Danke schön, Herr Kollege. Frau Steinberger, Sie haben das Wort.

Rosi Steinberger (GRÜNE): Lieber Kollege Aiwanger, Sie unterstellen uns, dass wir die Bauern an den Pranger stellen würden. Das ist überhaupt nicht unsere Absicht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie wollen beim Bau der Ställe mitreden!)

Natürlich ist Tierschutz wichtig – das betrifft alle Tiere –, deswegen können wir die Bauern nicht herausnehmen. Wir wissen, dass es im Naturschutzrecht dieses Verbandsklagerecht bereits gibt. Da ist es auch bei den Stallgenehmigungen der Fall, und es hat nicht zu einer Klagewelle geführt. Es ist wichtig, dass man draufschaut – diese Möglichkeit muss gegeben sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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